Stehst Du noch oder „vipst“ Du jetzt?

VfB-Vorstand Pierre Groen im Gespräch – Mit dem Vater ins Stadion

Artikel vom 15. September 2025

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    Oldenburg/fs. Der VfB Oldenburg ist schon lange seine große Leidenschaft. Als Fan, Mitglieder einer Ultra-Gruppierung, hat Pierre Grone diese Leidenschaft aktiv gelebt. Doch dabei ist es nicht geblieben. Seit gut vier Jahren engagiert sich der 41-jährige Pädagoge im Vorstand des VfB und muss dabei ab und an auch einen Spagat vollziehen. Wir haben mit Pierre Groen über den VfB gesprochen.

    Wer ist Pierre Groen?

    Ich bin Lehrer an einer Oberschule, bin verheiratet und habe zwei kleine Jungs, die natürlich auch schon VfB-Mitglieder sind.  

    Wie bist Du zum VfB gekommen?

    Ganz klassisch hat mein Vater mich als kleinen Jungen mit zum VfB genommen. Wann genau das erste Mal war, kann ich gar nicht genau sagen. Ich erinnere mich an ein 3:0 gegen Schweinfurt 05 und ein Testspiel gegen Sigma Olmütz. Das muss in der Saison 1990/1991 gewesen sein. Für mich war das damals faszinierend so viele Menschen, Fahnen und Gesänge zu sehen und zu erleben und ab da war es um mich geschehen.

    Was war Dein bestes, schönstes Erlebnis mit dem VfB?

    In der jüngeren Vergangenheit sicher der Drittligaaufstieg und der Beschluss über den Bau des Stadions. Der Zweitligaaufstieg 1996 war für mich nicht so besonders, weil es gefühlt normal war, dass der VfB in der 2. Liga spielt. Schließlich war der letzte Aufenthalt dort erst 3 Jahre her und mit Braunschweig, Osnabrück, Meppen, Kiel, Emden und einigen anderen war die Regionalliga Nord damals nicht unattraktiv. Mit dem Wissen von Heute hätte ich den Aufstieg damals sicherlich anders verarbeitet.

    Was würdest Du rückblickend als schlechtestes Erlebnis bewerten?

    Die Insolvenz. Das darf nie wieder passieren.

    Wie wird ein „Ultra“ Vorstandsmitglied?

    Als 2021 der neue Vorstand gebildet wurde, hat mich unser damaliger Aufsichtssprecher Stefan Könner gefragt, ob ich mir das nicht vorstellen könne. Ich habe dann einige Tage Bedenkzeit erbeten und mit einigen Personen aus Verein und Fanszene gesprochen, wie so ein Schritt gesehen werden würde. Außerdem musste mir meine Frau zwingend Rückendeckung geben, denn ein ehrenamtliches Engagement beim VfB bedeutet auch ein hohes Maß an zeitlichem Aufwand. Nach durchweg positiven Rückmeldungen habe ich dann zugesagt.

    Was war Deine Motivation, Dich in den Vorstand berufen zu lassen?

    Der VfB ist ein toller Verein, aber es ist natürlich auch nicht alles perfekt und es gibt immer Möglichkeiten etwas zu verbessern. Wird man dann konkret gefragt, ob man sich einbringen möchte, muss man sich dieser Verantwortung auch stellen. Ansonsten bleibt es bei Meckerei der Meckerei wegen.

    Was sind Deine Aufgaben im Vorstand?

    Ich bin erster Ansprechpartner für alle Fanbelange und für die Abteilungen. Zudem kommen im Prinzip bei jeder Vorstandssitzung, die wir alle zwei Wochen haben, neue Themen auf das Tableau, die wir dann versuchen nach Priorität abzuarbeiten.

    Warum ist es grundsätzlich gut/richtig/vernünftig, dass Fans Sitz und Stimme im Vorstand haben?

    Letztendlich sind wir alle VfB-Mitglieder und der Vorstand des Vereins sollte ein möglichst breites Spektrum der Mitglieder im Verein repräsentieren, um dann auch die entsprechenden Interessen vertreten zu können.

    Ist es ein oft auch eine Art Spagat für Dich, im Vorstand, aber auch Ultra/Fan zu sein, Stichwort Interessenkonflikt?

    Oft nicht, aber hin und wieder sicherlich. Seit der Berufung in den Vorstand bin ich kein aktives Mitglied einer Fangruppe mehr. Ich halte das für wichtig, weil ich Ansprechpartner für alle VfB Fans sein möchte und dabei nicht der Eindruck entstehen darf, dass bestimmte Gruppen oder Personen von meiner Rolle profitieren oder irgendwelche Privilegien haben. Im Herzen bin ich aber immer noch Teil der Ultrá-Bewegung und finde großartig, was die Jungs und Mädels beim VfB auf die Beine stellen und wie viele junge Menschen seit der 3. Liga dazugekommen sind und jetzt auch immer noch da sind und Woche für Woche Vollgas geben.
    Beim Einsatz von Pyrotechnik sehe ich natürlich die Rechnungen, die eintrudeln. Das ist zwar allgemein bekannt, aber jetzt trägt man eine Mitverantwortung für das Budget. Gleichzeitig sieht es, richtig eingesetzt, toll aus und wir sind auch nicht naiv und wissen, dass es zu einer lebendigen Fankultur dazugehört. Vielleicht finden sich ja aber auch zukünftig Lösungen, die die Vereine mit einer großen, aktiven Fanszene nicht dauerhaft benachteiligen. Ich bleibe da optimistisch.

    Stehst Du noch oder „vipst“ Du jetzt?

    Ich stehe sowohl bei den Heim- als auch bei den Auswärtsspielen im Block.

    Was macht Fußball für Dich aus?

    Ich glaube Fußball bringt die Gesellschaft mehr als jede andere Sportart zusammen. Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt, die ich in meinem „normalen“ Leben so niemals getroffen hätte. Außerdem natürlich Flutlicht, der Geruch von Bratwurst und Bier, das Schwenken von Fahnen, die Gesänge, gemeinsamer freudetrunkener Jubel oder das Verdrücken der einen oder anderen Träne. 

    Warum ist der VfB ein wichtiges Stück Oldenburg?

    Ich hätte schon diverse Male in andere Städte umziehen können. Sogar in andere Länder. Ich habe das nie gemacht, weil der VfB für mich ein unersetzliches Stück Heimat ist und der Verein untrennbar mit der Stadt verbunden ist.

    Was erhoffst Du Dir von der Zukunft, vom Umzug in ein neues Stadion?

    Wir sind durch viele schwierige Jahre gegangen und haben jetzt die Chance, die Weichen nachhaltig auf dem Weg in eine bessere Zukunft zu stellen. Da gehört das Stadion unbedingt dazu. Neben den finanziellen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, kehrt der VfB auch endlich wieder in seine Heimat zurück. Unfassbar, dass ich den VfB noch einmal in einem richtigen Fußballstadion in Donnerschwee spielen sehen darf.

    Was ist Dein Wunsch für den VfB in dieser Saison und darüber hinaus?

    Als Verein sollten wir weiterhin versuchen mehr Schritte nach vorn- als zurückzugehen. Das gilt für alle Bereiche: Finanziell, strukturell, kommunikativ als auch sportlich. Wenn wir das über einen längeren Zeitraum hinbekommen, werden sich die Erfolge in all diesen Bereichen auch einstellen. Natürlich wird es auch Rückschläge geben, aber ich bin guter Dinge, dass wir daraus dann lernen werden. Wir haben so viele Menschen, die sich – in welcher Form auch immer – beim VfB engagieren und mithelfen den Verein voranzubringen, dass es gar nicht anders geht, in Zukunft besser dazustehen als heute. Der sportliche Erfolg ist dann meistens eine Konsequenz guter Arbeit.